Skip to content
 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Von der Freiheit, an die reine Lust zu denken

Die Magazine der 1950er Jahre zeigten derart "frivole" Fotos

Alles, was wir in den Abgründen unserer Seele ersehnen, ist nur schwer in die Lebenswirklichkeit zu übersetzen. Soweit es die Liebe, die Lust, die Leidenschaft und die Begierde betrifft, finden wir überall Hürden. Das Wildeste und Erregendste ist oft technisch und organisatorisch nicht machbar. Wenn es „machbar“ wäre, so wäre es möglicherweise gefährlich, verboten oder erniedrigend. Doch Widerstände kommen nicht nur von außen, sondern auch aus der eigenen Psyche heraus. Dann wollen wir schamlos sein und schämen uns dennoch, „kneifen“ in letzten Moment vor der Konsequenz, haben Eltern, Erzieher, Lehrer, Cousinen oder Cousins, Schwestern und Brüder im Ohr. Oder einfach schlechte Erfahrungen mit dieser oder jener Ansprache an einen Menschen, Angst vor Ablehnung oder „Furcht vor der eigenen Courage“.

Frauen und ihre geheimen Lüste - in den 1950ern

Das ist und war keinesfalls nur eine Sache, die Männer betrifft. Wie durchsichtig und kurz darf das Nachthemd sein, wenn man auf Klassenfahrt und „süße 16“ ist? Wer schön war, wollte es auch zeigen. Ganz Mutige gingen in die Schlafräume der Jungen, um ihre Brüste zwar verhüllt, aber dennoch deutlicher darzustellen, als es die Moral zuließ. Die etwas „Robusteren“ unter den Damen suchten sich schwache und schüchterne Jungen, um ihnen die Hose herunterzuziehen: Schließlich wollten sie wissen, wie ein richtiger Penis aussah. Wer damals noch nicht lebte: Es gab nicht wenige Frauen, die vor ihrer Ehe niemals einen Penis gesehen hatten – all diese Umstände änderten sich erst gegen die 1960er Jahre. Immerhin – einige junge Damen in der „Mittelstufe“ des Gymnasiums wussten schon, wie ein Penis mit Hodensack aussah, und zeichneten dergleichen dann im Schutz der Physikstunde, die sie ohnehin nicht sonderlich interessierte.

Aufgeilen an Wäschefotos

Allein die Versuche wurden damals sehr ernst genommen, und nicht wenige der Mädchen wurden gerügt. Schilderungen des Geschlechtsakts entnahm man – und jetzt komme ich zu den Jungen – „gewissen Romanen“, manchmal handgeschrieben und oft nicht einmal von schlechter literarischer Qualität. Aufgeilen konnte man sich auch an Wäschefotos, die es in den damals aufkommenden Versandhauskatalogen massenhaft gab. Noch etwas aufreizendere Wäsche- und Bikinifotos gab’s in Magazinen, während die Aktfotos zu „ästhetisch“ waren, um wirklich Lust zu machen, zumal wenn man sich behaarte Schamhügel erhoffte. Nur „Bumsfotos“ waren schwer zu bekommen – meist waren sie stark unterbelichtet, und die Damen waren spindeldürr. Und so recht konnte man sich wahrhaftig nicht vorstellen, was die Damen und Herren da taten – die Fototechnik der Amateure ließ es nicht zu.

Die Furcht, öffentlich gedemütigt zu werden

Nun gab es die Hürden nicht nur beim Handeln, sondern auch beim Denken und Schreiben. Es war nicht immer die Furcht vor der Zensur, vor der Bloßstellung oder der Beschämung. Die „inneren Blockaden“ verhinderten, das niederzuschreiben, worauf man eigentlich Lust hatte: die unendliche, ungehemmte und lodernde Wollust. All jenes, das man nicht tun konnte und vielleicht nie tun würde, das aber im Hirn rotierte und heraus wollte. Hätte man es geschrieben und veröffentlicht, es wäre mit Sicherheit der Zensur zum Opfer gefallen, und die Autoren (man nahm an, dass alle männlich waren) wären öffentlich vorgeführt, gedemütigt und diffamiert worden.

Die Gesellschaft wollte Frauen "veredeln" - und versucht es bis heute

Noch in den 1960er Jahren hätte keine deutsche Frau sagen oder schreiben dürfen: „Ja, ich liebe Sex, und ich nehme mir, so oft es geht, einen Liebhaber.“ Und erst recht keine Geliebte. Wer über diese Art von Prüderie lächelt, der sollte sich vergegenwärtigen, dass bis heute keine Gewaltfantasien, sadomasochistische Betätigungen oder Extrem-Rollenspiele toleriert werden, soweit sie explizit geschildert werden. Die Freiheit, wenigstens zu denken, was man will und neben der gewöhnlichen Lust auch das ungewöhnliche Verlangen zu beschreiben, wird heute zwar anders, aber dennoch ähnlich verfemt, wie es in den 1960ern war. Was gestern noch die Kirchen, die ultrakonservative Rechte und ihre Presse verhinderten, wird heute von der „Großen Schwester“ verhindert, die alle Autorinnen und Autoren geistig und moralisch auf „feministisches Neusprech“ reduzieren will.

Die sexuelle Lust ist nicht nicht "edel, hilfreich und gut" - aber sie existiert

Im Grunde wird es Zeit, der neuen Prüderie, dem Rechtspopulismus und der „sozialen Korrektheit“ etwas entgegenzusetzen: Gute erotische Literatur kann nicht „sozial korrekt“ und mit den Gender-Spinnern abgestimmt sein. Sie kann nicht klinisch rein und latexkondomsicher sein. Sie kann nicht eine „Würde der Frau“ hochhalten, die gar keine Würde ist, sondern das bewusste "Treiben lassen" in den Meeren der Wollust.

Die Freiheit, zu denken, was man will und darüber zu schreiben, was „frau“ und „man“ fühlt, wurde gerade erst gewonnen. Aber im Grunde waren wir schon mal weiter, viel weiter. Die «Geschichte der ‚O‘» wurde 1954 geschrieben, von einer literarisch bewanderten Frau, und völlig hemmungslos.

Das Gedankengut der "bürgerlichen" Rechten kommt immer wieder hoch

Ich bin überzeugt, dass ein ähnliches Werk das Feuilleton unserer Bürgerzeitschriften nicht mehr erreichen würde, auch wenn es vielleicht nicht der Bücherverbrennung anheimfiele. Doch das ehemals „gesunde Volksempfinden“ wurde ja jüngst wieder mit „besorgten Bürgern“ aufgefüllt, die unter dem Deckmantel des Familienschutzes wieder rechtskonservative Ideologien durchdrücken wollen.